Nach umfangreicher Sanierung präsentiert die weltberühmte Dresdener Gemäldegalerie Alte Meister ihre 700 Werke seit Februar 2020 im umfangreich sanierten Semperbau am Zwinger.
Hohes Ansehen
Die Dauerausstellung ist nun nach geografischen Schulen und Epochen gegliedert, eine detaillierte Akzentbeleuchtung und farbige Wandbespannungen lassen die Werke neu erstrahlen. Für Orientierung sorgt das vom Studio Gourdin in Zusammenarbeit mit dem Berliner Studio Capitale entwickelte Leit- und Informationssystem.
Deren plastische Wandbeschriftung fügt sich funktional und stilistisch in die Architektur ein, ohne zu historisieren. Stattdessen spiegelt sie das hohe Ansehen der Gemäldegalerie wider. Buchstaben, Etagenpläne, Pfeile und Piktogramme sind aus einem 10 mm tiefen Korpus gefertigt, der die Farbe der Wand aufgreift. Die Sichtfläche besteht aus 2 mm dünnem, gebürstetem Messing, eine Reminiszenz an Farbe und Materialität der architektonischen Elemente.
Die Schrift wurde von Daniel Perraudin eigens für dieses Projekt entworfen, das bereits 2013 startete. Stilistisch entschied er sich für eine geometrische Sans mit klassischen Proportionen, deren Individualität auf einer klugen Zauberformel basiert: Keine Wiederholung optisch ähnlicher Formen in den Buchstaben.
Im Museum kommen fast ausschließlich Versalien zum Einsatz, zentriert gesetzt, was den typografischen Gepflogenheiten des Barocks entspricht. Ein echter Hingucker sind die überdimensionalen Etagen-Ziffern, gefertigt aus dem Hairline-Schnitt: unübersehbar und trotzdem zurückhaltend.
Vor der Veröffentlichung unter dem Namen West hat Perraudin die Familie enorm ausgebaut und erweitert. Aus den ursprünglich drei Strichstärken wurden neun (von Hairline bis Black), hinzu kamen Kleinbuchstaben und Sonderzeichen (insgesamt 750 Glyphen pro Font) sowie kursive Formen. Damit besteht die West-Familie aus 18 luxuriös ausgestatteten Schnitten, einschließlich Pfeilen, Ligaturen und wunderbaren Alternativformen, zum Beispiel für das versale Q; die Piktogramme für Leit- und Orientierungssysteme sind ebenfalls enthalten.
Mit ihrer Kombination aus Präzision und Pragmatismus erweist sich West als zeitgemäße geometrische Sans, deren grafische Wurzeln in der klassischen Moderne liegen. Eine gelungene Neuinterpretation.