Nikolai

Font-Story: „Die Alten haben unsere besten Ideen gestohlen.“, klagte einst Mark Twain. „Blödsinn!“ entgegnen wir.

Unsere vielleicht bisher charakterstärkste Schrift

Schriftart Nikolai – Specimen

Zugegeben, an Nikolais Anfang stand in der Tat der Versuch, eine alte Idee neu zu interpretieren. An seinem – vielmehr ihrem – Ende steht jedoch etwas, was es an Charakterstärke und typografischer Durchschlagskraft zuvor selten gab. Beste Ideen sind eben immer nur die besten Ideen ihrer Zeit.

F

ranziska Weitgruber, die sich während ihres TypeMedia-Masterstudiums an der KABK in Den Haag mit der Aufgabe betraut sah, ein Revival der Monotype Veronese von 1925 zu gestalten – eine mechanisierte Version der Golden Type von William Morris, welche wiederum als grobe Interpretation Nicolas Jensons früher Drucktypen der 1470er gilt – war nicht ganz mit ihrem Ergebnis zufrieden. Sie empfand ihre Interpretation als zu kühl und zu starr.

Getrieben vom eigenen Anspruch versuchte sie sich später nochmals an einem Jenson-Modell aus der Renaissance. Dessen Nebiolo Jenson fand sie in einem fast 90 Jahre alten Specimen der legendären Turiner Foundry. Betört von ihrer Wildheit und Lebendigkeit begann Franziska Weitgruber die Formen des Bold-Schnittes zu digitalisieren.

Abbild des Nebiolo-Specimens aus den 30ern. Deutlich zu sehen, wie weit sich die Designerin von der Vorlage entfernt hat. Scans zur Verfügung gestellt von Dr. Thomas Maier.
Abbild des Nebiolo-Specimens aus den 30ern. Deutlich zu sehen, wie weit sich die Designerin von der Vorlage entfernt hat. Scans zur Verfügung gestellt von Dr. Thomas Maier.

Sehr bald verwarf sie jedoch ihren Revival-Ansatz und entwickelte Formen und Design in eine emanzipierte, deutlich zeitgenössischere Richtung. Dabei zielte sie darauf ab, die Schrift zu einer besonders charakterstarken Displayfamilie zu entwickeln. So wurde Nicolas nach und nach zur Nikolai mit dem gestalterisch so wichtigen Buchstaben k. Ihre ursprüngliche Renaissance-DNA ist schon aufgrund des nun deutlichen Strichstärkenkontrastes kaum noch erkennbar.

Endgültig im Heute kam die Schrift mit der Veröffentlichung auf Future Fonts an. Bekannt für ihre erfrischenden und rebellischen Designs im Frühstadium, bot die junge Plattform den idealen Raum, um die Nikolai zu einer modernen Großfamilie zu entwickeln. Der Ausbau in verschiedene Breiten, die Kursiven, Ornamente oder Alternativformen wie beispielsweise runder statt eckiger Punkte gehen teilweise auf direktes User-Feedback zurück. Sie machen die Schrift zu einem vielseitigen Headline-, Plakat- und Logofont.

Mit der Veröffentlichung bei Fontwerk hat die Nikolai nun ihren optimalen Reifegrad erreicht. Ihre charaktervollen kantigen und spitzen Formen sind jeglichem Vorbild entwachsen. Sie strahlt eine typografische Härte aus, die in Kombination mit Serifenlosen, insbesondere geometrischen, ihre volle Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Liegen Deine besten Ideen nicht auch noch vor Dir? Kitzel sie raus mit einer Schrift, die weiß wie es geht.

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