ls grafisches Leitmotiv dienten ihm die Proportionen einer Kreditkarte, was sich in Buchstabenwinkeln, -kurven und -innenräumen niederschlug. Ein Jahr später erschienen die koreanischen Schnitte, deren Schriftzeichen die Architektur der lateinischen Lettern aufgriffen. „Wir waren das erste Unternehmen im Land mit einer exklusiven Markenschrift,“ sagt Richard Ahn, Leiter des Hyundai Card Design Lab „und unsere Schrift wurde zur Stilikone.“
Hyundai Card
Karten neu gemischt
Anfang der 20er Jahre wird Hyundai Card wieder zum Pionier: Als erste koreanische Marke transformiert das Fintech-Unternehmen seine Hausschrift in einen Variable Font. Gleichzeitig sorgen Erweiterungen und Anpassungen der „Youandi New“ dafür, dass sowohl die digitalen Produkte – zum Beispiel die Digitalkarte oder die App 3.0, ausgezeichnet mit dem IF Design Award 2021 –, wie auch Kulturprojekte, Shops und Ausstellungsräume harmonisch unter dem visuellen Dach der Marke ihren Platz fanden. Die ästhetische Arbeit überwachten die ursprünglichen Latin- und Koreanisch-Schriftentwerfer, die Entwicklung der Variable Fonts, das Hinting, das Mastering sowie die Produktion von Desktop- und Webfonts lag in der Verantwortung von Fontwerk.
Die bisherigen fünf Latin-Schnitte wurden durch kursive, Condensed- und Extended-Varianten auf 23 erweitert und für den Einsatz im Headline-Bericht zugerichtet. Neu ist eine eigens entworfene Text-Variante, weniger statisch, weniger eckig und mit Antiqua-Merkmalen. In der Welt der variablen Schriften finden die beiden Subfamilien Title und Text ihren Platz in einem dreidimensionalen Designraum, aufgezogen durch die Achsen Strichstärke, Breite und Neigung (Slant), wobei letztere sowohl in 30 Stufen nach rechts, als auch nach links möglich ist.
Die Vorteile einer Variable-Font-Ausstattung haben sich inzwischen unter Designern und Entwicklerinnen herumgesprochen: feinste Abstimmungen (die Strichstärke der Headline-Schrift zum Beispiel in 850 Stufen), konsistente Buchstabenformen über alle Schnitte und dies alles – im Falle von Youandi New sind das mehr als 5 Millionen Varianten – untergebracht in nur einer Fontdatei mit minimalem Datenfußabdruck: 755 KB gegenüber geschätzten 230 MB im Vergleich zu Einzelfonts.
Variable Fonts bieten kurzgesagt: maximale typografische Freiheit in nur einer kompakten, adressierbaren Fontdatei. Beim Engineering hatte Fontwerk einige Herausforderungen zu bewältigen. Im ersten Schritt ging es darum, die Architektur der Youandi-New-Familie dreidimensional so zu definieren, dass sich neue Fontdateien ohne Duplikate ergaben. Dabei stellte sich heraus, das der Entwurfsraum nicht orthogonal war, so dass Koordinaten der Masterfiles entweder angepasst oder neue aus Variable-Font-Instanzen erstellt werden mussten. Die meiste Arbeit verursachten Inkonsistenzen im Designraum, weil die Anzahl der Master an seinen Rändern ungleich war. „Wir mussten einen Weg finden, die Erstellung der fehlenden Zwischen-Master zu automatisieren.“ erinnert sich Fontwerk-Gründer Ivo Gabrowitsch. „Das führte am Ende zu sieben verschiedenen Entwurfsraumdateien pro Subfamilie … dann passte alles.“
Weil die etablierte Youandi-Schrift auf den Bildschirmen von Computern und Smartphones kein gutes Bild abgab, setzte Hyundai Card hohe Erwartungen in das Mastering von Youandi New. Nach aufwendigen manuellen Korrekturen an den Buchstabenkonturen erfolgte das Einrichten der Hinting-Parameter für ein präzises ClearType-Hinting. Das Prüfen der ersten Exporte zeigte: Mission erfüllt. Für den neuen Design-Stil Slant (Buchstabenneigung) wurden 16 Vorlagen pro Subfamilie erstellt, jeweils mit nach links und rechts geneigten Buchstabenkonturen. Dabei war wichtig zu prüfen, dass alle Instanzen kompatibel zu den interpolierbaren Abständen und Unterschneidungen sind und am Ende mit der aufrechten Schrift harmonieren.
Schon vor dem Ende des Font-Engineering und des -Mastering erfolgten Validierungs- und Korrekturzyklen. „Wir erstellten Prototypen von wenigen Mastern, bevor wir den gesamten Designraum generierten, was sich als die effizienteste Strategie erwies.“ sagt Gabrowitsch. Weil Hyundai Card die Leserlichkeit sehr aufmerksam testete, entstand der Bedarf für zusätzliche Glyphen (vor allem zur Unterscheidung von Groß- und Kleinbuchstaben), neue Kerningpaare und metrische Anpassungen. „Dafür schrieben wir Skripte, um nicht an 48 Dateien herumfummeln zu müssen.“ erklärt Gabrowitsch. Abschließend wurde die Namensgebung der gesamten Familie neu strukturiert, so dass die reformierten statischen Schnitte für zukünftige Benutzerinnen und Benutzer leicht und sicher zu bedienen sind.
„Alles in allem war Youandi New ein herausforderndes Projekt, mit vielen unerwarteten Hürden und engen Deadlines.“ erinnert sich Gabrowitsch. Die Gründe hierfür lagen nicht nur in veralteten, teils inkonsistenten Fontdaten, sondern auch an Überraschungen in Umgebungen, die Variable Fonts längst sicher unterstützen sollten. So kam es sowohl beim standardisierten Officedruck zu unerwarteten Ergebnissen, als auch in etablierten professionellen Grafikprogrammen.
Inzwischen setzt Hyundai Card die neue Schriftfamilie in vielen Kommunikationsbereichen ein, von der Website über die Card-App 3.0 bis hin zur Beschilderung der Firmenzentrale. Neben dem Variable Font kommen die statischen Schnitte immer dann zum Einsatz, wenn die neue Font-Technologie noch nicht unterstützt wird.
Ohne die Leidenschaft des Marketing und die technische Unterstützung durch meine Font-Engineering-Partner wäre diese Erfolgsgeschichte nicht möglich gewesen.
„Ich bin sehr stolz auf die Geschichte und die Zukunft der Youandi-Markenschrift, die Hyundai Card eine unverwechselbare visuelle Identität gegeben hat. Ohne die Leidenschaft des Marketing und die technische Unterstützung durch meine Font-Engineering-Partner wäre diese Erfolgsgeschichte nicht möglich gewesen.“ sagt Aad van Dommelen, seit fast 20 Jahren für die Hausschrift von Hyundai Card verantwortlich.